Von euphorischer Melancholie - ein Blog von Belén Haefely

Von euphorischer Melancholie - ein Blog von Belén Haefely

Entdecke die inspirierenden Zitate und Sprüche von Belén Haefely! Die talentierte Autorin und Bloggerin begeistert mit ihren tiefgründigen Worten.

Ein Ausschnitt aus einem anderen Leben. Nur ganz kurz, deutlich wahrgenommen, aber nicht im mindesten greifbar. Verdammt, auf ewig Kontur zu bleiben. Wenn wir Glück haben, als Erinnerung gespeichert, gebunden an die kleinsten Details, die, für sich genommen, uns nicht im Gedächtnis bleiben würden. Und plötzlich regnet es, und ein Tropfen, der in einer blätternden Rostschicht Ruhe findet, schenkt uns ungefragt einen Moment, den wir vor Jahren erlebt und seither nahezu vergessen haben. Nichts fühlt sich lebendiger an, als festzustellen, dass man damals genauso erlebt hat wie heute. Egal, Momente welcher Art es waren; die Faszination, die von der einen prall gefüllten Sekunde Vergangenheit ausgeht, ist immer grösser als das mögliche Aufflackern ehemaliger Schmerzen.

Der Regen schlägt deckend nieder, hüllt uns in sein weisses Rauschen. Petrichor auf Pflasterstein. Warmes Gelbgold und schwarzer Glanz. Die Restauranttür öffnet sich, meine Mutter lacht überschwänglich. Das Gespräch der Erwachsenen mischt sich mit dem dröhnenden Vorhang aus Regenstreifen. Sie vereinen sich, ergänzen sich zu einer einzigartigen Kulisse. Grossvater spannt den riesigen schwarzen Schirm auf, straff glänzende Seiten verbinden das drahtige Silberskelett und wirken wie Flügel eines mystischen Wesens. Er sieht meine Mutter an – lacht. Ich höre sie nicht, nicht wirklich, sehe nur Ausschnitte eines sich gerade manifestierenden Gemäldes. Mein Bauch fühlt sich voll an, schwer, müde bin ich, und alles, was ich sehe, erinnert mich an mein Bett zu Hause. Ich bin zu jung, um das wirklich bewusst zu denken, aber so gut wird’s uns nicht oft gehen. Noch bevor ich es benennen konnte, verstand ich es: Das erste Gefühl von Melancholie.

Schon damals tröstend, auch wenn ich nicht wusste, wieso. Die Zufriedenheit, nichts tun zu müssen, nicht mal reagieren zu müssen, einfach müde sein zu dürfen und die Hand meiner Mutter zu halten, die im Moment alles war, was ich brauchte. Die Gespräche, die sie führten, schienen so weit weg, in so ferner Zukunft. Irgendwann würde ich genau so mitlachen, in gleicher Weise zustimmend nicken und meine Hand an die Schulter anderer Erwachsenen legen. Ich würde wissen, was ich zu sagen hatte, es würde sein wie ein gut einstudierter Tanz, automatisch beim Erwachsenwerden gelernt. Wenn man mit einer solchen Souveränität tanzen konnte, gab es dann überhaupt noch etwas, wovor man zu kapitulieren hatte? War das nicht das Zeichen, dass man keinen Extratisch und kein Extraglas mehr bekommen würde? Ein weiter Weg, aber ich war zuversichtlich, dass sich alles finden würde. Natürlich. Aber nicht jetzt, jetzt war ich müde. Jetzt hielt ich die Hand meiner Mutter und war dankbar, ohne zu wissen, wofür. Und gleichzeitig fühlte ich eine Traurigkeit, so tief und unbewusst, wie es nur die natürlichsten aller Gefühle sind. Ein Beweis dafür, wie ungefährlich, mehr noch, wie wunderschön Melancholie sein kann.
Petrichor auf Pflasterstein
Ich war immer ein Prinzipienmensch. Ich bin es noch. Doch nur weil man zurzeit denkt, für sich die Lösung gefunden zu haben, heisst das nicht, dass man seine Wahl hinsichtlich Handlungsprinzip nicht immer wieder hinterfragt und hinterfragen muss. Und selbst wenn man beim Folgen der eigenen Gedankengänge doch wieder einen schlüssigen Zirkel erkennt, ist es manchmal notwendig, diesen Zirkel neu mitzugehen, um sich an jeden Moment der Kurve zu erinnern. So viel zur Rechtfertigung.

Was moralisch richtig ist, kann niemals nur falsch sein, so meine Überzeugung. Denn im Gegensatz zur rationalen Moral, den eigenen, durchdachten und aus bestimmten Gründen festgelegten Prinzipien, sind Gefühle überaus fehleranfällig, weil überaus wechselhaft. Doch scheint es nicht manchmal so, als ob unmittelbar handelnde Menschen sehr viel näher am Glück sind? Ich würde Gefühlen nie abschwören, aber trotzdem scheint mir die Prämisse, dass Bauchhandeln immer richtig liegt, zu einfach. Zu wenig Kopf; was in meiner Welt nichts Gutes heisst. Man denkt jeden Monat, jeden Tag, teils auch jede Stunde anders über gewisse Sachen, fühlt sich anders, je nach Verknüpfung verschiedener emotionaler und äusserer Einflüsse. Und da soll eine willkürlich abgefragte Momentaufnahme richtiger liegen, als mühsames Abwägen? Klingt nach Schönreden. Also machte ich die beschriebene rationale Moral zu meinem Handlungsprinzip (einem subjektivem, wohlgemerkt). Doch was, wenn der Übergang von der Moral als Richtlinie zu ihr als oberste Prämisse schleichend verläuft? Wenn man gar plötzlich Gefahr läuft, dem bereits Durchdachten blind zu vertrauen? Handelt man dann tatsächlich immer noch gut? Oder einfach richtig?

Generell habe ich mit meiner rationalen Moral nicht allzu schlechte Erfahrungen gemacht; wenn auch lange nicht nur einfache. Wenn man das Gefühl hat, dass eine nahezu unbesiegbare Angst sich aufbaut, raten viele Psychologen zum Aushalten der Angst, ihres Verdichtens, Ausdehnens, bis zum Zenit. Dann, so wird versprochen, kommt der Punkt, an dem man realisiert, dass einem auch auf dem Gipfel des Ertragbaren nichts geschieht. Und diese Lernerfahrung wird grösser und grösser, bis sie schlussendlich gross genug ist, um die ganze Kumulierung der Angstwellen zu überspülen. So ähnlich haben sich meine Erfahrungen mit der rationalen Moral angefühlt: Egal wie schmerzhaft der Moment war, die Dankbarkeit dafür, dass man, mit der Kraft eines Matrosen, der sich auf einem ächzenden Schiff im Sturm an den Mast klammert, an seinen Prinzipien festgehalten hat, war im Nachhinein immer weitaus grösser. Und was noch viel wichtiger ist: es war stets eine ehrliche, eigene Dankbarkeit. Keine gut zuredende, übergestülpte, aufgezwungene – denn eine solche hätte den Matrosen keine zwei Stunden im Sturm überleben lassen. Trotzdem musste ich mir neulich die Frage stellen, ob man, wenn man jede Entscheidung hinsichtlich einer guten Zukunft trifft, überhaupt noch im Moment lebt, leben kann. Bräuchte man zur Kontrolle der Entscheidungen nicht eine Deadline? Ja. Hab ich. Keine zeitliche. Eine emotionale. Ironischerweise. Entscheidungen nach meinem rationalen Moralprinzip, die sich nur auf mich und mein Leben beziehen, treffe ich, wie ich festgestellt habe, hinsichtlich eines künftigen Gefühls der Zufriedenheit. Definiert durch gewisse Bilder und Momente, die ich hoffe, einmal erleben zu können, und die deswegen (hoffentlich) so vollkommen sein werden, weil ich sie auf einem Weg erreicht habe, hinter dem ich stehen kann. Gestern, genauso wie heute, genauso wie morgen. Ob das nun rational ist? Schwierig zu sagen. Aber unmittelbar und aus dem Bauch heraus bestimmt nicht. Und prinzipientreu definitiv.
Ist richtig gut genug?
Als Kinder haben wir oft Angst im Dunkeln. Wir mögen die Unsicherheit nicht, die Tatsache, dass sich alles Mögliche in dem lauernden Schwarz verstecken könnte. Wenn die Angst zu gross wird, machen wir das Licht an. Und plötzlich zeigt sich, dass der vorhin für ein grauenhaftes Monster gehaltene Schatten in Wirklichkeit bloss ein Stuhl mit Jacken ist. Und wenn selbst nach immer wiederkehrendem Anzünden des Lichts keine Ruhe in uns einkehrt, gibt es immer noch Mama und Papa, die uns versichern können, dass wir beschützt und behütet sind. So geht das Nacht für Nacht, bis wir alt genug sind, um keine Angst mehr in unserem dunklen Zimmer zu haben.

Doch diese Angst… sie bleibt. Angst ist ein Gefühl, dass wir selten bemerken. Natürlich fürchten wir uns, wenn wir einen fürchterlichen Film sehen, wenn wir schlimme Geschichten hören. Doch das ist nicht die Furcht, nicht die Angst, die uns immer wieder auf sehr klammheimlichen Wegen heimsucht. Im Grunde fürchten wir uns jeden Tag. Wir fürchten uns, etwas zu verpassen. Wir fürchten, dass ein Kampf nicht so ausgeht, wie wir es wollen. Wir fürchten, zu wenig Zeit zu haben, ganz generell. Wir fürchten uns genau wie damals vor Unsicherheit und vor der lauernden Ungewissheit. Mit dem Unterschied, dass nicht mehr wir bestimmen, wann das Licht angeht und uns unsere, vor Angstschweiss triefenden Gedanken mit der stabilen Wirklichkeit füllt. Sofern denn die Wirklichkeit wirklich das ist, was uns unsere Unsicherheit nimmt. Denn es kann vorkommen, dass, wenn das Licht angeht, tatsächlich das gefürchtete Monster dasteht, und uns keinen Weg mehr gibt, auf eine Täuschung zu hoffen. Also hat die Dunkelheit nicht auch etwas Positives? Gibt nicht die Nacht die Hoffnung, und der Tag hat einzig die Macht sie zu nehmen oder zu erfüllen? Und doch fürchten wir uns vor ihr mehr als vor ihm. Da man nicht in Sandburgen leben kann, ohne Gefahr zu laufen, dass die Flut kommt. Und da Mama und Papa nicht wie früher immer da sind, um zu helfen, nein, plötzlich brauchen sie unsere Hilfe. Plötzlich müssen wir den Mut aufbringen, den vermeidlichen Monstern gegenüber zu treten, und sich wenn nötig ihnen zu stellen.

Vielleicht steht und fällt alles mit dieser Akzeptanz der Nacht. Vielleicht werden wir immer verlieren, solange im Dunklen die Furcht überwiegt. Jeder fürchtet sich. Doch vielleicht müssen wir lernen, nicht auf das Licht zu warten, sondern die Augen zu schliessen und versuchen zu schlafen. Die Ruhe zu geniessen. Uns nicht von der Dunkelheit bedroht, sondern beschützt zu fühlen. Im Wissen, dass wir den Sonnenaufgang nicht beeinflussen können, und ebenso wenig, was er uns zeigen wird. Doch wenn wir erstmal lernen, der Nacht die Hand zur Versöhnung zu reichen, wird sie aufhören, uns mit Schatten zu ängstigen. Stattdessen wird sie uns beistehen, bis die Schatten vom Sonnenlicht beschienen werden. Mit Hoffnung. Mit all den glänzenden Sternen, die man erst sieht, wenn man direkt in den schwarzen Himmel blickt.
Nacht
Die Gedanken sind frei. Einer der grössten Trugschlüsse unserer Zeit. Obwohl manche Menschen sicherlich Zuflucht in ihrer Gedankenwelt finden, es gibt einige, die nicht bloss eine symbiotische, harmonische Beziehung mit ihr führen. Ja… Denn so gut positives Denken helfen kann, so sehr kann pessimistisches einem die eben entfernten Steine wieder in dreifacher Grösse in den Weg legen. Alles zu hinterfragen, hinter jedem Baum die Wurzeln, die Blätter, die Zweige, die Rinde und den Stamm zu sehen, dass ist sowohl Segen als auch Fluch. Einerseits macht es die ganze Welt farbiger, andererseits jedoch bezahlt man die Farben mit Entspannung, mit Zuversicht und mit der Gabe, einfach zu sein.
Für diese Menschen sind die Gedanken alles andere als frei. Sie bauen sich Glastüren, Gitter, Wände. Sie richten sich tote Winkel innerhalb ihrer Gedanken, ihrer Erinnerung ein, um eine Ausrede zu haben, nicht daran zu denken. Obwohl sie es doch wieder tun werden. Und danach von sich selbst enttäuscht sind. Sie denken, sich vor dem harten Aufprall der unverhofften Realität schützen zu können, wenn sie jedes Szenario im Bereich des Möglichen durchgespielt haben, wobei die negativen meist viel realistischer und näher zu sein beginnen.

Sie werden niemals wirklich voll und ganz zufrieden sein mit dem was sie haben, mit dem was sie sind; zumindest nicht ohne viel Zeit, Geduld und Übung. Denn wenn sie sich einmal wirklich glücklich fühlen, beginnen sie zu fragen, warum. Sie beginnen zu fragen, wie viele Menschen dieses Gefühl wohl spüren, wie wahrscheinlich es ist, so glücklich zu sein. Sie suchen so lange nach einem Problem, dass ihre Hochmut einschränkt, bis sie sich sicher sein können, dass sie nach reichlicher Überlegung und Hinterfragung, glücklich sind. Und das auch nur in ständiger Erwartung eines Tiefschlags, der das „ich hab’s mir ja gesagt“-Gefühl mit sich bringt, dass sie so gut kennen. Und obwohl sie wissen, wie sehr sie sich damit selbst im Weg stehen; diese Weise zu denken hat sie bereits durch so viele Krisen begleitet, dass sie sich irgendwann geglaubt haben, dass so zu sein einen vorbereitet.

Sie arbeiten die ganze Zeit, mit allem dass sie sehen, fühlen oder wissen. Sie finden Dringlichkeit in Fragen über Zustände, Worte und Vergangenheiten, die anderen Menschen noch nicht einmal im Traum gestreift hätten. Zeit spielt keine Rolle. Egal wie weit etwas zurück oder in der Zukunft liegt, in ihrem Kopf liegt die Frage jetzt, und brennt solange auf dieser Menschen Alltag, bis sie eine Möglichkeit finden, sie befriedigend zu beantworten. Um danach zu beginnen, die nächste Frage zu suchen. Sie sind wie Kinder (bevor sie von dem erwachsenen, gesunden Virus der Ernsthaftigkeit und Vernunft infiziert werden), wenn sie fragen, wieso der Gärtner, der immer winkt, wenn man an dem Baumarkt vorbeifährt, eigentlich gelbe Gummistiefel trägt und keine grünen. Irgendwann verlernen die meisten Menschen, die Welt als so lückenhaft zu sehen. Irgendwann fällt den Meisten noch nicht einmal auf, dass der Gärtner winkt, geschweigen denn, dass er Gummistiefel trägt. Und selbst wenn sie es sehen würden, wäre es den meisten Menschen egal. Doch nicht den von mir beschriebenen. Sie werden dieses Denken immer mit sich tragen.
Normal denkende Personen werden sich an dieser Stelle fragen, wieso man sich selbst das Leben so schwer macht. Doch es ist keine bewusste Entscheidung die man trifft; es ist eine Art zu denken, mehr noch, eine Art zu leben. Und auch wenn sich die Menschen oft weinend fragen, warum sie sich selbst so bemühen, gibt es die anderen Momente. Die Momente, in denen die Sonne noch etwas strahlender scheint, die Musik noch etwas länger hallt und die Liebe süsser schmeckt. Doch das Gute ist, dass die anderen Menschen dies niemals vermissen werden; denn sie würden sich die Frage nach einem intensiveren Leben niemals stellen.
Die Gedanken sind frei
Uns allen ist klar dass wir tagtäglich beeinflusst werden; Werbungen, Gefühlen, und am stärksten, Freunde. Sicher, wir lieben sie, vor und unter anderem, weil sie nur das Beste für uns wollen. Doch genau das ist neben der grössten Stärke, auch die grösste Schwäche. Denn manchmal vergisst man durch all die Liebe und den von ihr getränkten Ratschlägen, auf sich selber zu hören. Man ist schon fast verunsichert, ja, vor den Kopf gestossen, wenn ein Moment vorliegt, in dem wir zu entscheiden haben, was wir wollen. Wann kommt der Tag, an dem wir verlernt haben, Entscheidungen für uns selbst zu treffen? Ist er bereits gekommen, und wir haben es nicht einmal bemerkt, weil wir zu beschäftigt damit waren, die Wünsche anderer an unser Leben zu erfüllen? Das Unglaublichste daran ist, dass wir dies nicht mal unter einem schlechten Gefühl tun; wir fühlen uns gut, stark, bestätigt wenn wir statt auf uns auf andere hören. Weil wir somit schlussendlich nicht gezwungen sind, den Moment des falschen Abbiegens in unserer Geschichte, unserem Denken zu suchen, sondern uns hinter der Tatsache des Befolgens der Räte anderer vor uns selbst verstecken können. Denn was wäre, wenn, oh Schreck, wir einmal einen Fehler machen würden? Einen der ganz und gar auf unseren Schultern lastet, und von dem wir behaupten können, dass wir ihn…bereuen?

Wann sind all die Schlüsselstellen gekommen? Wann haben wir alle die falsche Entscheidung von uns und für uns getroffen und danach beschlossen, es nie wieder zu tun? Irgendetwas macht uns Angst, so tiefe Angst, Fehler zu machen wenn wir auf uns hören. Irgendetwas nimmt uns das Selbstbewusstsein, nimmt uns die Entscheidungsfreude, mit der wir als Kinder noch so reich gesegnet waren. War es die Trauer, mit der wir bereut haben? Oder die Reue, über die wir trauerten?

Im Endeffekt liegt die entscheidende Frage darin, ob wir nun zufriedener oder nur fremder mit den Entscheidungen anderer werden. Wir müssen uns selbst fragen, ob wir fähig sind, unser Selbst zu bewahren, wenn wir fast glücklicher mit der Zufriedenheit unserer Freunde, unserer Verwandten oder einfach den uns nahe stehenden Menschen sind. Denn eines ist klar: Ein Leben ohne sie ist weder möglich, noch lebenswert
Entscheidungen - wie viel davon sind wir?
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Individualität. Die Farbe in uns, die uns von dem allgegenwärtigen Grau unterscheidet, uns hervorhebt. Doch sie hat einen hohen Preis. Einen Preis, den viele nicht zu bezahlen vermögen, nicht bezahlen wollen. Den Weg des geringsten Widerstands zu gehen, mit dem Strom zu schwimmen, all das sind eigentlich Feinde der Fantasie und allem Unbeschreiblichen. Doch sie zu gehen ist, mit grösster Ironie, eigentlich am intelligentesten. Es ist einfach. Und der Mensch ist nun mal programmiert, einfach zu sein. Nicht aufzufallen tut nicht weh. Immer zu nicken fördert keinen Krieg. Nicht uns selbst, sondern „die Norm“ zu sein, gibt uns Bestätigung, Akzeptanz. Warum leiden wir also unnötig? Warum tun wir uns die Fehlschläge, die unsere Einzigartigkeit, unser Charakter mit sich bringt, immer wieder an? Warum uns nicht dem Grau hingeben, der Masse anschliessen, die in die entgegengesetzte Richtung geht? Sie alle sind doch glücklich, oder? Sie alle denken nicht nach, hinterfragen nicht, und kennen somit das Gefühl auch nicht, keine Antwort auf etwas zu haben. Sie lesen den Text, der ihnen zugeteilt wird, auch dort wo „(lachen)“ oder „(weinen)“ steht. Vielleicht ist das ja die richtige Art zu leben? Als ein Spiegel aller anderen.

Doch was zeigt der Spiegel? Im Endeffekt sehen all diese Leute des leichten Weges, mit der durchschnittlichen Anzahl Freunde, dem Vorstadt-Haus mit Garten, zwei Kindern und dem Hund (wenn all das einmal nicht zu ihren Träumen und Wünschen gehört hat, sondern einfach nur ein Schwinden der Kraft um Aufrechterhaltung der Eigenheiten war) im Spiegel nur grau. Und ich denke es wird der Tag kommen, an dem wir alle in diesen Spiegel sehen. Der Tag, an dem wir unser Leben noch einmal an uns vorbeiziehen sehen. Und viele, sehr viele (unter ihnen auch diejenigen, die den Wandel noch nicht einmal bemerkt haben) werden dann weinen. Ohne das Wort „(weinen)“ zu lesen. Denn sie werden sehen, dass es nicht ihr Spiegelbild ist, in das sie sehen. Nicht das, das sie einmal hatten, als sie noch draussen mit dem Teleskop gestanden sind, und sich alle möglichen Sternformationen dokumentiert haben, einfach, weil es ihnen Spass gemacht hat. Nicht dieselben Leute, die sich jeden Dienstag um drei einen Schwarztee gemacht und sich dabei alte Tierdokumentationen angesehen haben. Sie werden dasselbe sehen wie viele, sehr viele andere auch.

Und hier ist der Unterschied. Hier zahlt sich das lebenslange Kämpfen aus. Denn all die Leute, die ihre Träume verfolgt, ihre Eigenschaften (seien es nun gute oder schlechte, solche die das Leben einfacher oder schwerer gemacht haben) behalten haben, werden Farbe sehen. Die Farbe, die sie damals, als sie weinend am Boden ihres Zimmers gesessen sind, und sich gefragt haben, warum um Himmels Willen sie genau so sein müssen, nicht bereit gewesen sind, aufzugeben. Sie sind sich treu geblieben. Und diese Treue wird belohnt werden. Mit wahrem… Mit purem… Mit durch und durch echtem… Und mit für immerwährendem… Glück.
Ist Individualität ihren Preis wert?
Kein Film wäre vollkommen ohne sie. Kein anderes menschliches Werk beschreibt, meiner Meinung nach, Gefühle genauer. Nichts ist so individuell und doch so gemeinschaftlich, schweisst zusammen und hilft auf eigenen Beinen zu stehen.
Musik.
Immer wieder wenn ich schreibe, schreibe ich mit Musik. Meist Filmmusik. Denn sie erzählt nicht; zumindest nicht, wenn man sie nicht darum bittet. Sie hilft zu erzählen. Zu (be)schreiben. Sie lässt atmen. Bilder entstehen, die, wenn man sie anderswo gesehen hätte, einem selbst den Atem geraubt hätten. Woran liegt es, dass so viele unterschiedliche Menschen in manchen Liedern Verbundenheit finden? Woran liegt es, dass wir uns in manchen Melodien spiegeln können und in anderen noch nicht einmal Umrisse erkennen? Im Prinzip sind es nur aneinandergereihte Klänge, Töne… Doch im richtigen Rhythmus, der richtigen Kombination, erschaffen sie etwas, dass zu Tränen rühren kann. Bis zu den ersten Menschen geht ihre Geschichte zurück. Ihre Reise hat mehr Veränderungen durchlebt, als irgendein lebendiges Wesen sonst. Und ja, ich sehe Musik gewissermassen als lebendiges Wesen; ich denke, alles was in verschiedenen Menschen verschiedene Gefühle auslösen kann, lebt gewissermassen. Kunst, Film, Literatur… Musik. Sie alle sind, obgleich ein Werk menschlicher Hand, mehr als blosses Werk. Durch unsere Erlaubnis, unser Wesen, unser Innerstes zu betreten und uns dann zu führen, wohin auch immer sie uns führen wollen, beginnen sie, zu leben. Halten Spiegel vor, schliessen Türen, erinnern uns, lassen uns vergessen. Egal in welchem Zustand sich unser Selbst befindet, das blosse Hören hat die Fähigkeit, uns zu verändern. Es kann Wandel von Trauer in Freude sein. Oder umgekehrt. Wie ein magisches Fenster, das jedem Menschen beim Hindurchsehen ein anderes Bild zu zeigen vermag. Ist das die Magie des 21. Jahrhunderts? Zu einer Zeit, in der alle Drachen tot, alle Prinzessinnen gerettet und alle Happy End's vielleicht doch schon gestorben sind und nicht noch heute leben, ist die Musik es, die uns glauben lässt? Hoffen? Ist es in Zeiten der Dunkelheit nun nicht mehr der Ritter in strahlender Rüstung, der die Menschheit rettet, sondern am Ende sie der Schlüssel aus unserer eigenen Zelle der grauen Engstirnigkeit?
Gut möglich. Denn Musik ist in meinem Leben nicht nur blosse Unterhaltung. Sie hat einen festen, unersetzbaren Platz. Im Hintergrund zwar, doch was wäre ein vollkommenes Bild, eine vollkommene Szene, ein vollkommenes Sein ohne Hintergrund? Er ist die Stütze, die Untermalung, die alles erst perfektioniert und realisiert. Musik ist und bleibt ein Rätsel, dass nie ganz gelöst werden wird. Auch heute nicht. Und allein schon das macht sie zu einem der zur Rarität gewordenen Wunder des 21. Jahrhunderts.
Musik
Wir unterschätzen unsere Gaben. Jeden Tag. Doch ich denke eine der am meisten von Gewohnheit zerfressenen ist die Gabe zu kommunizieren. Sei dies nun schriftlich, mündlich oder mit Zeichen. Man bedenke doch, dass viele unserer „Probleme“ von etwas falsch gesagtem herrühren, einem Versuch etwas zum Ausdruck zu bringen, dass uns, auch nach jahrelanger Übung, doch wieder nicht gelingt und schlussendlich nicht zu der erhofften Reaktion führt, sondern die ruhebringende Klarheit nur weiter in die Ferne rücken lässt. Jedoch kann auch genau dieser vermeidlich falsch formulierte Satz bei einer anderen Person zu eben dieser Reaktion führen. Suchen wir also schlussendlich nach Worten, die eine bestimmte Person zu verstehen vermag, oder suchen wir nach einer bestimmten Person, die die unseren versteht?

Wie vielen Menschen ist es wohl vergönnt, in Grenzsituationen angesichts der vielen möglichen Worte genau die passenden zu finden, sie in der richtigen Form, Stellung und im richtigen Kontext zum Ausdruck zu bringen, so dass jemand, der uns hört, unser Denken nachvollziehen kann. Nahezu jeder Gefühlsausdruck rührt irgendwo von Sprache; Wut, Enttäuschung, Glück, Witz, Hoffnung… Manche Menschen nehmen diese Gefühle von gesungenen, manche von gesprochenen und manche auch von geschriebenen Worten. Doch schlussendlich hofft man in irgendeiner Sprache in irgendeiner Form Bestätigung für ein bestimmtes Verhalten zu finden. Wir suchen eigentlich in den Worten anderer unsere Gedanken. Entweder ist das Wahnsinn oder Notwendigkeit. So oder so bilden sie das unsichtbare Band, das zwei Menschen zusammenhält.

Wer jetzt aber denkt, ich hätte meinen Standpunkt klargemacht, dem muss ich erst noch von den, meiner Ansicht nach, wertvollsten Worten erzählen; den unausgesprochenen, unsichtbaren oder auch ungeschriebenen. Sie nämlich, und nur sie, haben die Fähigkeit Situationen zu bilden, die danach mit Worten kaum beschrieben werden können; einen verregneten Sonntagnachmittag, der mit aller Kraft versucht einen zu deprimieren, während man aufräumt, dabei Musik hört, aus dem Fenster sieht und glücklich ist. Die leichte Neigung des Kopfes, wenn man eine Person nur ansehen muss und erst nach einigen Minuten bemerkt, wie sehr man eigentlich lächelt. Das Verlieren in einer Geschichte, die sich so nahe und lebendig in einem selbst bewegt, dass man noch Stunden später darüber nachdenken muss. Weinen ohne einen wirklichen Grund dafür zu haben. Lachen ohne einen wirklichen Grund dafür zu haben. Das Gefühl nicht allein zu sein, egal wo man sich befindet. Diese und noch so viele andere Situationen sind der Grund, weshalb es zwar eine grosse Tat ist, zu sprechen wo Stille herrscht, es jedoch eine genau so grosse Tat sein kann, obwohl man die Fähigkeit des Sprechens hat, zu schweigen. Dieses in Bändern sprechende Schweigen ist es Wert, jedem Menschen bekannt zu sein. Und das nächste Mal, wenn man des Sprechens, aus welchem Grund auch immer, nicht bemächtigt sein sollte, kann man auch einfach mal versuchen, das Schweigen erzählen zu lassen.
Sprechendes Schweigen
Eine gar farblose Welt muss die jene von Menschen sein, die nicht unter den Schein zu sehen vermögen. Die hinter jedem Lachen Freude, hinter jeder Träne Wahrheit und hinter jedem Wort Sinn sehen, nicht nach einer zweiten Option fragen wollen, sondern zufrieden sind mit dem steinlosen Weg. Man scheint alles gesehen zu haben, gibt sich mit dem trügerisch leichten Wissen zufrieden, wo doch noch so viele Fragen nach Antworten schreien. Sie werden ignoriert, mal aus Dummheit, mal aus Furcht. Doch wenn man probiert die Signale zu deuten, alles zu hinterfragen, wird das nicht nur zum Fulltime Job, sondern auch zur Tortur. Man sieht in Geschenken keine Objekte, sondern Geschichten, die objektiv niemals zu sein vermögen. Sieht Phantome im Dunkel wo keine sind und wenn man sich seiner sicher fühlt greifen besagte Phantome an. Wie können wir somit in einer so komplexen Welt, bestehend aus Grün, Rot UND Orange von uns erwarten, immer die richtige Farbe zu erkennen?

Und doch sind wir schlussendlich enttäuscht von irgendetwas, wenn diese Geste doch nur eine Geste des Impulses und nicht eine des Verstands war. Denn wir sind mittlerweile so darauf ausgerichtet in allem und jedem eine Botschaft zu sehen, dass wir die Einfachheit bemitleidend ansehen und ihr an einem guten Tag ein paar Münzen neben die Tauben werfen. Schlussendlich muss man jedoch sagen, dass man mit Einfachheit keine Geschichten schreibt. Aus Einfachheit entstehen keine historischen Ereignisse, keine Momente, die die ganze Welt (ob jetzt einfach oder hinterfragend) bewegen, keine Sekunde des unbewussten Lächelns, dass heute so selten geworden ist. Deshalb liegt für mich das Heute nicht in der Suche des geringsten Wiederstandes, auch wenn das wahrscheinlich die sicherste Art ist, durchs Leben zu gehen. Doch wer nicht wagt, die Seichtheit mit respektvollem Nicken zu verabschieden und sich tiefer vorzuwagen, in das absolut Schwarze, wird nie erfahren ob Schwarz nun keine Farbe ist oder doch diese ultimative Erscheinung die alle normale Farben schluckt.

Egal wie oft man sich an Felsen Schmerzen zufügt, wie oft man sich überlegt alles hinzuschmeissen und doch wieder zum Kescher zu greifen, einmal angenommen man findet danach jemanden, einen Partner oder auch eine Freundin, mit welcher dich so Vieles auf so vielen Ebenen verbindet, war es dann nicht all die Irrtümer, all die Wunden und die scheinbaren Fehltritte wert? Arbeiten wir nicht alle auf dieses Gefühl des besagten unbewussten Lächelns hin, dieser Moment indem nicht wirklich dein Gesicht lächelt, sondern irgendetwas anderes, dass viel tiefer liegt als die Visage. Ich verbringe mein Leben lieber mit der Suche nach dem kopfschüttelnden Ja, von dem ich danach weiss, dass es nicht der Schein ist, der uns verbindet, sondern das dahinter und, was noch viel wichtiger ist, was wir beide und nur wir beide verstehen. Egal wie oft ich auf Sackgassen treffen mag; ich für meinen Teil wurde schon einmal belohnt durch meine Suche. Und ich empfehle es jedem, der sich selber eine solche Identität nicht zutraut; es ist möglich. Lasst die farblose Welt nicht zur Gewohnheit werden. Eure Suche macht die Zeichen wahr.
Ein kopfschüttelndes Ja.
Ich war immer der Meinung, dass es für alles einen Grund gibt. Dass jede Sache, jede Situation, die uns nach unten zerrt, uns schlussendlich zu einem Antrieb nach oben verhilft. Dass aus allem was passiert, irgendetwas gelernt, geschlussfolgert werden kann. Auch wenn man die Gründe anfangs nicht sieht, vielleicht sieht man sie in einem Jahr. Bücher, Filme, Geschichten bestätigen es, es, das ungreifbare Gute, dass uns durch alle Lebenslagen hilft und uns beschützt. Doch was ist, wenn das nur eine Erfindung ist, um unser aller Leben zu vereinfachen? Eine schlichte Ausrede, für jede Situation geeignet, am schönsten gesprochen, wenn sie nicht zum eigenen Trost verhelfen muss. Ein simpler Rettungsring: Egal wie aussichtslos die Lage sein mag, früher oder später sieht man klarer. Und wenn nicht?

Über so etwas macht man sich eigentlich nie Gedanken. Die Frage hierbei ist nur: Macht man sich nie Gedanken, weil diese nicht von Nöten sind, oder weil die Probleme einfach zu klein und deswegen gut mit dieser Ausrede signierbar sind? Vor allem wenn das eben noch so gewaltig aussehende Problem sich plötzlich in Luft auflöst und man nur noch den feinen Staub in dieser wahrnehmen kann, der einst eine so schwere Last auf dem Herzen bildete, vor allem dann ist man sich bewusst, dass eben dieses Problem einen stärker gemacht hat. Und jeder verdrängt die Alternative, jeder verdrängt die Vorstellung, wenn eben das nicht passiert wäre, wenn man sich noch Wochen, Monate, Jahre mit diesem Problem hätte befassen, den Tag mit dieser Last beginnen und mit ihr beenden müssen. Wäre man dann noch genau so überzeugt von der vermeidlichen Lehre, die man daraus gezogen hat? Hier fehlt das Drehbuch, die gute Freundin, die von dem grandiosen und glücklichen Ende des Filmes, den sie kürzlich gesehen und der ihr sehr geholfen hat, erzählt, die Kritiken, die ihn als „aufbauend und lebensbejahend“ bezeichnen; kurz, es fehlt die Sicherheit auf ein Happy End. Also woher bitte kommt die Kraft, die uns immer wieder zwingt an einen guten Ausgang zu glauben? Klar mag es Selbstschutz vor einem innerlichen Zerfetzen und schlaflosen Nächten sein, doch wenn dies wirklich der Zweck davon ist, warum überhaupt hinterfragen? Warum nicht einfach leben, egal wie der morgige Tag wird, egal ob die momentane Situation weiss oder schwarz ist. Warum uns selber die unausgesprochene Frage stellen, ob denn alles wieder gut wird?

Schlussendlich wird man es nie wissen. Denn man hört, „dass alles was passiert einen Grund hat“ unter dem Strich ja auch nur von Personen, die grosses Unglück hinter sich haben und jetzt auf dem bequemem Stuhl einer Talkshow sitzen. Doch auch in Zeiten der Dunkelheit ist für mich jetzt klar, dass „und wenn nicht?“ zwar eine deutlich unterschätze Frage ist, jedoch nur mit einer Antwort gewürdigt werden kann: „Soweit wird es nicht kommen.“ Egal wie schwarz das Momentane, egal dass wir (meiner Ansicht nach) nicht allein unseres Glückes Schmied sind; es ist diese Sicherheit, gestellte Frage mit dieser Antwort abzuschliessen, die die Sicherheit auf ein Happy End zumindest teilweise ersetzt. Denn woher kann eine so zuversichtliche Antwort kommen, wenn nicht aus dem tiefsten Spiegel unserer Selbst: unserem Glauben.
Und wenn nicht?
Für mich besteht einer der grössten Schmerzen in dem Unausgesprochenen. In dem ewigen Hinterfragen, dem unruhigen und nimmersatt fressenden Gefühl, dass auf uns liegt, unsere Stimmung presst, unser Lachen verfälscht. Denn es ist eines der wenigen Dinge, die unmöglich zu entdecken waren und bleiben, die man nie vergessen kann und wird und deren Schmerz sowohl zu verlockend als auch zu stechend ist, als dass man ihn ignorieren könnte. Uns wird immer wieder vor Augen geführt, welch kleine Dinge die grösste Bedeutung haben können. Man wird nie erfahren wie gross das Ausmass einer Sekunde in gewissen Situationen gewesen wäre, wird niemals sehen, was zu sehen so nahe gewesen wäre. Also ist es ein ständiges Spielen mit dem Unerreichbaren, nach dem der Mensch so strebt, ein verzweifeltes Rufen in ein Loch, während man genau weiss, wie naiv das Warten auf eine Antwort ist. Eigentlich ist es fast eine unmenschliche Bürde zu erwarten, dass wir uns tagtäglich entscheiden müssen, welche Türen wir schliessen und welche wir öffnen wollen. Oft suche ich nach Bestätigung; einem stummen Nicken, einer Geste auch nur dem Hauch eines Augenaufschlags, der mir zu sagen vermag, dass die Tür die ich gewählt habe in eine Richtung führt, die zu ertragen ich fähig und die zu gehen ich bereit bin. Zu oft denken wir an das, was hätte sein können, und nicht an das, was gewesen wäre wenn, suchen den Schmerz über das Luftschloss, statt der Freude über den Luftkerker. Ich gebe zu, ich suche nach dem wortlosen Etwas, dessen Dasein mir das Gefühl gibt, auf dem richtigen Weg zu sein. Das Dasein, dass jeder Mensch offensichtlich so selbstverständlich bei sich trägt. Ich suche nach einer Weise, den Schmerz der Offenheit all dieser Fragen zu ignorieren, zu lindern, zu übertönen. Und ich glaube das einzige Gegengift ist, aus jedem noch so kleinen Detail den grösstmöglichen Nutzen zu ziehen, in jeder Situation zu wissen, dass hinter jedem Schatten ein Licht steht, das ihn entstehen lässt und sich mit ganzer Kraft darauf zu konzentrieren, dass die Dankbarkeit über die Schritte die man in gewählte Richtung geht stets grösser ist, als die Reue um die Imaginären.
Was hätte sein können und was gewesen wäre wenn.
Wir leben in einer Welt, in der Medien die Magie ersetzten. In einem nie zum Stillstand kommenden Karussell, Lichter die vorbeiziehen, Chancen, Gelegenheiten, Momente, die zu betrachten der Zeit nicht genügend ist. Wo bleibt die Fantasie, wenn sie in unser aller Wohnzimmer projiziert, wo die wahre Schönheit, wenn sie uns allen vorgeführt und wo der Glaube wenn er uns allen als unrealistisch gelten gemacht wird? Wenn all die Eigenschaften die uns ausmachen von unserer Umwelt und somit von einem lügenden Spiegel stammen, wie sicher können wir unserer selbst da noch sein? Vielleicht Tragödie, vielleicht Komödie, vielleicht Dramatik en géneral, doch diese Hinterfragung bleibt bestehen, momentan unsichtbar wie die Liebe einer Mutter, die ihr Kind energisch zu sich reisst und dann umarmt, als Nachspiel der Angst um Verlust. In Zeiten von solchem Grau ist es einem belebendem Wolkenbruch gleichzusetzen, wenn man etwas sieht, dass auch heutzutage, vor allem heutzutage, von wahrer Kreativität zeugt. Denn manchmal siegt die kleine, sickernde Menge der Angst, die sich so ätzend durch jede noch so dicke Mauer der Zuversicht und des Vertrauens frisst, und man ruft sich die Vergänglichkeit des Schönen ins Gedächtnis, das wie das Lachen über einen wirklich guten Witz erst da ist, dann schwindet und schlussendlich in einem fahlen, fast unhörbaren Schnauben endet, spottend über das anfängliche, ehrliche Lachen.

Zeit wird vergehen. Eines der wenigen Kunstwerke der Natur, auf welches der Mensch sein vor schwarzer Tinte triefendes Firmenlogo noch nicht stempeln konnte. Doch was wir, die alle unter dem Wandel des Regenbogens in Beton leiden, zumindest zu einem bestimmen Grad beeinflussen können, ist die Vergänglichkeit. Denn die Vergänglichkeit lebt von unserer Akzeptanz der projizierten Fantasie, der vorgeführten Schönheit und des als unrealistisch geltend gemachten Glaubens. Hören wir auf zu funktionieren und beginnen wir zu realisieren. Suchen wir die Kreativität nicht in Neuem, auch nicht zwingend in Altem, sondern in uns. Denn wir sind das einzige, das sich heute noch annährend als einzigartig bezeichnen kann und somit auch das einzige, das Einzigartiges schaffen kann. Bewahren wir uns diese Eigenschaft. Denn wir leben in einer Welt, in der Medien die Magie ersetzen.
Ist Zeit gleich Vergänglichkeit?
Wir alle kennen sie. Sie ist allgegenwärtig, steht neben dir im Zug, schaut zur selben Zeit aus dem Fenster wie du, sieht diese eine Werbung im Fernsehen und denkt sich dabei vielleicht genau dasselbe wie du. Sie begegnet uns, jeden Tag, getarnt mit dem Schleier der Unsicherheit, der Furcht, der Härte oder der Freude. Wie können wir glauben, etwas zu besitzen, dass so vielfältig, so undefinierbar und so vergänglich ist? Wie glauben etwas zu sehen, was so unsichtbar ist? Etwas, das so tief aus uns zu kommen scheint und sich doch an so alltäglichen Dingen misst.
So viele hat sie zum Leben erweckt, doch genau so viele sind an auf Grund ihrer gestorben. Jeder hat einen gewissen Punkt, bei dem diese Sicherheit verfliegt, bei dem wir dastehen, allein, ein Kind im Regen, bewaffnet mit Schwert und Schild, die beide noch viel zu schwer sind, um sie zu heben, zu benutzen. Wir wissen es gibt sie, irgendwo in uns wartet sie, lässt sich Zeit für ihren Auftritt. Denn auch wenn wir es manchmal besser zu wissen scheinen, sie weiss genau wann sie kommen muss und wann nicht. Wir zerbrechen uns alles nur Zerbrechliche um herauszufinden, wie man dieses wilde Tier in uns, dass so schützend aber auch so verletzend sein kann, bändigen können.
Es gibt seltene Momente, da ist sie sichtbar. In Augen, in Entscheidungen, in Schritten, in Rückschritten, in Tränen, in Lachen. In Wirklichkeit können wir uns glücklich schätzen, dass wir uns nicht darum kümmern müssen, wann sie zu erscheinen hat. Wir wären masslos überfordert. Manchmal, wenn man still ist, kann man sie hören, sie fühlen. Wie sie bei einem ist, egal ob nun bewusst oder unbewusst. Sie ist ein stiller Begleiter, die Hand die uns hilft, das Schwert zu halten und die uns sagt, wann es zum Einsatz gebracht werden muss. Ein pulsierendes Gefühl, beinahe wie ein zweiter Herzschlag, der uns genau so am Leben hält, jedoch nicht mit Blut sondern mit Zuversicht unseren Körper durchströmt. Solange, bis wir wieder lächeln. Solange, bis die erste Träne fliesst, während wir lächeln. Solange, bis wir uns, auch wenn nur für einen Bruchteil einer Sekunde, der lange genug ist, um das zu tun, was aus irgendeinem Grund richtig sein wird, stark sind.
Stärke.
Aufgestanden, ohne jegliche Ahnung der bevorstehenden Tatsache, dass ich nun hier sitze und schon jetzt, kaum ist mein Blog online, einen weiteren Eintrag schreibe. Vielen Dank an dieser Stelle für die unglaublichen, mein Herz zu tiefst berührenden, meinen Mund wider des Erstaunens zu schliessen unfähigen und schlicht unfassbar (eher unverdient) schönen Worte von: Du bist Ich, einfach anders! , welche fähig waren, mich zur (mangels des Wissens über ein das Gefühl stärker ausdrückendes Wort) geschmeichelten auf und ab hüpfenden Springbewegung während des Lesens der liebenswerten und wundervoll durchgeknallten Kritik zu bewegen. Vielen Dank noch einmal.

Meist geschehen die wundervollsten Ideen und Gedanken, die einem (oder mich) zum schreiben veranlassen, sehr unerwartet. Ich sage hier bewusst „geschehen“, da Gedanken etwas sehr greifbares und komplexes sind. Das kann beginnen mit einem einfachen Vorbeiziehen eines Werbeplakates am Busfenster, auf welchem eine (und bedienen wir uns hier einmal ganz bewusst Stereotypen) kochende, die brünetten Haare zu einem Dutt zusammengebundene, eine rot-weiss karierte Schürze tragende Frau zu sehen ist, die einen ach so kecken Blick nach hinten wirft à la „Ich bin eine coole, selbstbewusste und unabhängige Mutter“ und oben die Überschrift: „Für meine Lieben tue ich viel, aber nicht alles; es darf auch mal schnell gehen: Jetzt neu (Hier bitte bekannten Fertigproduktehersteller einfügen). Also, man sieht dieses Plakat und denkt sich (als Frau hier beispielsweise): Wo um Himmels Willen findet man heute noch so eine Schürze? Und dann beginnt der Kreislauf. Denn man erinnert sich an dieser Stelle vielleicht an die Mutter eines alten Schulfreundes, die exakt dieselbe Schürze getragen hatte. Was nun aber das Faszinierende an einer Erinnerung (Gedanken) ausmacht ist, dass einem nicht nur das Bild wieder vor Augen geführt wird; es ist der Geruch, den die Wohnung, die Atmosphäre vielleicht hatte, die Art, wie man sich, während man zu besuch war und, weil das Spielen sich in die Länge gezogen hatte, zum Essen geblieben ist, über seinen Teller gebeugt hat, um noch mehr von den Kartoffeln zu nehmen und man dabei die Gabel so angeschoben hatte, dass sie mit verächtlich klirrendem Geräusch zu Boden fiel und sich ein breites „oh, haha, wie witzig die Gabel, haha, das ist witzig, jetzt bloss nichts sagen, verhalte dich normal- Gefühl“ im Raum verteilt hatte. Und auf einmal kommt man von einem nichtssagenden Werbeplakat zu einer, zwar unwichtig scheinenden, aber doch so wichtigen Situation, dass man sie nach Jahren noch immer mit sich im Gedächtnis trägt. Und deshalb frage ich mich: Kann die Vergangenheit wirklich jemals passé sein, wenn man alles was man sieht, erlebt oder aufschnappt ob nun bewusst oder unbewusst, mit einem längst erlebten Geschehnis verbindet/vergleicht? Meiner Ansicht nach, basieren alle heutigen Wege, wie wir als Person zu handeln und zu denken pflegen, auf dem früher Erlebten. Man wird sich niemals wie zuvor mit einer Person verstehen, wenn eine Vorgeschichte, sei es nun Distanz, Betrug oder unsere allbekannte Erzfreundin die Liebe, auf der Verbindung zu dieser liegt. Man kann vergeben, vielleicht sogar annähernd in den Bereich des Vergessens kommen, aber man wird niemals dieses eine Stück seiner Selbst los, dass damals unter besagten Umständen gelitten hatte. Zu sagen, dass diese Theorie eine Vermutung ist, wäre wahr. Zu sagen, sie sei eine Lüge, nicht. Denn wir alle tragen die Kerben unseres Vorlebens in uns, und wenn wir einmal die heisse Herdplatte berührt haben, prägt uns das und in Zukunft sehen wir den Herd nicht mehr so neutral wie vorhin, sondern als gefährliches und zum Schmerz-zufügen fähiges Objekt. Wer also kann hier leugnen, dass es sich mit der Liebe beispielsweise nicht genau so verhält? Jeder Abschnitt prägt uns, ob nun in die Pro oder die Kontra Richtung. Und bei jedem neunen Abschnitt, den wir beginnen, rufen wir uns all die alten ins Gedächtnis und werden ein Stück überlegter. Ich sage, sowas ist Fluch oder Segen, wenn nicht sogar eine Mischung aus beidem.

Doch das ist der Mensch; er hinterfragt, er sucht Antworten und doch ist er zufriedener, je mehr die Antwort an das als Antwort Erwartete herankommt. Wollen wir also hierbei wirklich Antworten auf die Fragen unserer Gegenwart? Oder ist es schlussendlich tatsächlich nur ein Spiegel der Antworten, die wir noch immer aus der Vergangenheit suchen? Und wenn dies so wäre: Könnten diese Fragen jemals beantwortet werden?
Ist die Vergangenheit jemals passé?
Das Erzählen von temporären Gedanken, tiefgehenden Gefühlen und hinterfragten Erkenntnissen. Oder kurz, Schreiben.

Wir beginnen unser Leben jeden Tag neu. Für mich ist die Tatsache, dass wir unser derzeitiges Dasein als Selbstverständlichkeit betrachten, eines der faszinierendsten Dinge auf dieser Welt. In einer Zeit wie der heutigen ist jeder Moment, den wir einer gewissen Sache widmen in sich vollkommen, weil wir uns zwischen all den anderen Möglichkeiten für diese entschieden haben. Ich wandle auf einem schmalen Grad zwischen dem Glauben an die Menschlichkeit und dem Bewusstsein, dass ein Grossteil der Menschen sein Wohlbefinden unterbewusst vor diese stellt. Zwischen dem Licht, dass man sehen kann und den Schatten, die damit verbunden sind. Auf der schmalen Linie der Illusion Zeit.

So oder so, ich glaube das, was schreiben für mich so besonders macht, ist die Chance, eine Aussage genau so der Öffentlichkeit preiszugeben, wie sie sich in mir anfühlt. Wir alle haben diese eine Sache, mit der zu zeigen wir uns ganz und gar definieren. Wenn ich schreibe, höre ich oft Musik von Filmen, ohne Worte erzählend. Ich kann mich ganz und gar verlieren, kann eine Szene beschreiben, die genau das, was in mir vorgeht erzählt, ohne Vorgeschichte, ohne klares Ende. Die schönsten Worte sind nicht die geschriebenen, sondern die ungeschriebenen, die durch vorige ausgelöst werden. Manchmal stehe ich nun auf der Bühne und spiele vor Publikum Theater, manchmal gehe ich in mich und singe, womit ich mich identifizieren kann oder manchmal trete schlicht und ergreifend mit meinem Laptop und Word bewaffnet eine Reise in den Ozean an, dessen Tiefgang ich gerne als Spiegel meiner Selbst betrachte; Wir kennen noch nicht annährend alle Geschöpfe oder Gebilde, die sich dort unten befinden. Manche Menschen sind auf der Suche nach diesen so tief getaucht, dass sie den Weg ganz nach oben nie wieder gefunden haben. Doch lieber lebe ich mit dem Risiko, mich in einer Welt voller ungeahnter Gedanken und Empfindungen zu verlieren, als nicht fähig zu sein, eine solche zu betreten. Ich danke hiermit jedem, der das hier gelesen hat, für die geschenkte Zeit und hoffe der eine oder andere konnte sich vielleicht sogar damit identifizieren. Einen Grund jemals mit dem Schreiben aufzuhören kann ich nicht finden; denn was könnte inspirierender sein, als das Leben selbst?
Schreiben

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